11. Januar 2014

MARIA CALLAS XXL - Jürgen Kestings neue 26-teilige Sendereihe

Das dürfte ein wohl einmaliges Mammutunternehmen sein. In über fünfzig Stunden Sendezeit wird sich Jürgen Kesting erneut - und ausführlich wie noch nie zuvor in Funk oder Fernsehen - mit Maria Callas befassen: bis 29. Juni 2014 jeden Sonntagnachmittag von 15:04 Uhr bis 17:00 Uhr auf  RBB Kulturradio.

Die Manuskripte der Sendungen werden auf der Senderseite als PDF-Dateien veröffentlicht.

Die erste Folge wurde am vergangenen Sonntag ausgestrahlt, das zwölfseitige Manuskript der ersten Sendung enthält auch detaillierte Angaben zu den gesendeten Musikstücken.


http://www.youtube.com/watch?v=eLLDntUTBd8
Faszinierend - auch wenn sie nicht singt, wie hier beim
 Das Hamburger Konzert vom 16. März 1962 war
ein früher Höhepunkt meines Opernlebens.

Hier die Themen der geplanten 26 Folgen:

So 05.01.2014 15:04 - 17:00: "Bist du nun lebendiger, weil du tot bist?" (1)

Die Laufbahn von Maria Callas begann in den Jahren des Krieges und finanzieller Not. Dank fanatischer Arbeit kam sie nach dem Studium bei Elvira de Hidalgo als perfekt ausgebildete Virtuosa 1947 nach Italien und kämpfte sich mühsam an die Spitze. Musik aus I Puritani, La Gioconda, Tristan und Isolde, Adriana Lecouvreuer, Nabucco, Norma.

So 12.01.2014 15:04 - 17:00: Die Gesichter der Stimme (2)

Die ebenso faszinierende wie irritierende Wirkung, die von Maria Callas ausging, war die Schönheit des Hässlichen. Um ihre Stimme hat es heftige Kontroversen gegeben, die bis heute anhalten.  Sie hat es verstanden, den von ihr portraitierten  Figuren ein unverwechselbares und unvergessliches  Gesicht zu geben.  Musik aus Rigoletto, Macbeth, Dinorah, Turandot, Tosca, Il turco in Italia, Armida, Il Trovatore, Norma, Lakmé.

So 19.01.2014 15:04 - 17:00: "Ich habe gesungen wie eine Wildkatze" (3)

Die frühen fünfziger Jahre waren für Maria Callas eine Zeit des Kampfes. Sie brauchte einige Jahre, bevor sie in Italien anerkannt wurde. So wählte sie den Umweg über Mexico, um einige ihrer wichtigsten Rollen zu erproben, darunter Elvira, Lucia di Lammermoor, Leonora, Violetta und Aida. Bei den Aufführungen setzte sie, mit dem Mut zum äußersten Risiko, alles auf eine Karte: auch auf die der höchsten Töne.

 

So 26.01.2014 15:04 - 17:00. "Der Ruhm hat keine weißen Flügel" (4)

Nach einem Wort ihres Plattenproduzenten Walter Legge wurde Maria Callas von einem „shakespearehaften Ehrgeiz“ angetrieben. Bei der Eroberung der italienischen Bühnen hat sie mit allen Mittel gekämpft – oft gegen große Widerstände etwa durch den ,Sovrintendente‘ des Teatro alla Scala Antonio Ghiringhelli. – Musik aus Parsifal, Il trovatore, La Traviata, I Vespri Siciliani, Armida.

So 02.02.2014 15:04 - 17:00. Regina della Scala (5)
Nach Erfolgen in Mexico sorgten Triumphe beim Maggio Musicale Fiorentino von 1951 dafür, dass sich die Pforten der Mailänder Scala für Maria Callas öffneten; und nach der sensationellen Saison-Prima als Lady Macbeth im Dezember 1952 war sie für die nächsten Jahre die Primadonna des Theaters. Musik aus Puritani, Lucia di Lammermoor, Rigoletto, Tosca und Macbeth.

So 09.02.2014 15:04 - 17:00. Verismo und Belcanto oder: Wie der Löwe das Blut liebt (6)

Zwei zentrale und gesangsdarstellerisch konträre Partien stehen im Mittelpunkt dieser Folge: die leidenschaftliche Titelheldin von Amilcare Ponchiellis La Gioconda – eine für den Verismo typische, deklamatorisch–rhetorische  Partie – und die von Vincenzo Bellinis Norma, mit der Maria Callas wesentlich zur Erneuerung des Belcanto beigetragen hat.

So 16.02.2014 15:04 - 17:00: Callas – Finalmente mia (7)

Der Schallplattenproduzent Walter Legge gebrauchte die Worte des Baron Scarpia, als es ihm nach langen Verhandlungen gelungen war, Maria Callas  für den EMI-Konzern zu verpflichten. Ein erster Höhepunkt der Zusammenarbeit war die Einspielung von Tosca unter Victor de Sabata – eine für die "Klangbühne" bahnbrechende technische Realisierung. Aufnahmen aus Don Giovanni, La Traviata, Il Trovatore, Lucia di Lammermoor.

So 23.02.2014 15:04 - 17:00: "Quäle die Heldin" (8)

Keine Rolle hat Maria Callas so lange in ihrem Repertoire gehalten wie die Puccini-Heroine Tosca: Sie gehört zu den ersten, die sie noch während des Krieges in Athen sang, und sie war die letzte, mit der sie 1965 Abschied von der Bühne nahm. Es war keineswegs ihre Lieblingspartie. Und doch hat sie der Figur ein unvergessliches Gesicht und tragische Grandeur gegeben.

So 02.03.2014 15:04 - 17:00: "Die Koloratur ist die höchste Ausdrucksform der Kunst" (9)

Mit diesen Worten verteidigte der Schriftsteller Honoré de Balzac die Gesangssprache Rossinis gegen die Verächter des verzierten Gesangs. Es gehört zu den Großtaten von Maria Callas, dass sie in der  Musik der romantischen Belcanto-Komponisten – von Vincenzo Bellini und Gaetano Donizetti – die Einheit von Ornament und Expression herzustellen verstand, z.B. als  Elvira in I Puritani und als Lucia di Lammermoor, mit der sie die größte Wirkung erzielte.

So 09.03.2014 15:04 - 17:00: "Das Schöne ist des Schrecklichen Anfang" (10)

"Ah! quale voce", sagt ein entsetzter Jason, als die von ihm verratene Medea vor den Pforten seines Palastes steht. Die mörderische Heroine in der Oper von Luigi Cherubini war eine Partie, die, wie u.a. Leonard Bernstein betonte, nur "auf Maria Callas gewartet hat". Die furiose Darstellerin der ob des Liebesverrats zur Kindesmörderin werdenden Medea steht im Mittelpunkt der Sendung.

So 16.03.2014 15:04 - 17:00: Grenzgänge – Klassische Heroinen und Märtyrerinnen der Liebe (11)

Die Saison 1953/1954 war nach Ansicht von Maria Callas die wichtigste ihrer Laufbahn. Sie konnte mit Dirigenten wie Leonard Bernstein, Herbert von Karajan und Carlo Maria Giulini arbeiten – und mit dem Regisseur Luchino Visconti. Neu in ihr Repertoire kamen klassische Rollen wie Glucks Alceste und Gasparo Spontinis Giulia in La Vestale. Auf Schalplatten wurde sie mit einem weitgespannten Repertoire als Sängerin für drei Fächer präsentiert: als Assoluta.

So 23.03.2014 15:04 - 17:00: Das Leichte ist das Schwerste: Maria Callas als Comédienne (12)

Trotz der Brillanz und Leichtigkeit ihres Singens war Maria Callas nicht für Rollen geschaffen, die darstellerische Leichtigkeit verlangen – man könnte auch sagen: ein besonderes Register der Seele. Die opera buffa blieb für sie eine ferne und fremde Sphäre. Unter den 47 Rollen, die sie auf der Bühne gesungen hat, finden sich nur zwei komische Partien: Fiorilla in Il Turco in Italia und Rosina in Il Barbiere di Siviglia.

So 30.03.2014 15:04 - 17:00: Casta Diva – Basta Diva: Processo alla Callas (13)

Für die Karriere von Maria Callas gibt es ein Synonym: Kampf. Gerade auf dem Höhepunkt ihres Ruhmes angelangt, entbrannte Mitte der fünfziger Jahre eine erbitterte Auseinandersetzung: zum einen über die Stimme, zum anderen über die "diva furiosa", die ihren Weg an die Spitze wie ein Tigerin erkämpft hatte. Große Nachrichtenmagazine ersannen jene chronique scandaleuse, die dazu führte, dass sie dafür berühmt war, berühmt zu sein – aber es war ein Ruhm, der sich zunehmend von der Sängerin ablöste. Mit  den Rollen außenseiterischer  und fataler Frauen – Medea, Norma, Lucia, Lady Macbeth –  übernahm sie deren Los. Sie wurde zu einem Wunsch- und Schreckbild der Zeit, in der sie sang: der fünfziger Jahre.

So 06.04.2014 15:04 - 17:00: Die Flucht in den Wahnsinn: Lucia di Lammermoor und Anna Bolena (14)

Donizettis Lucia war für Maria Callas eine emblematische Rolle. Mit keiner anderen erzielte sie eine so intensive Breitenwirkung.  Aufführungen unter Herbert von Karajan in Mailand (1954), Berlin (1955) und Wien (1956) brachten ihr spektakuläre Erfolge. Sie gab die Rolle ab, nachdem sie 1959 bei einer Aufführung in Dallas  das hohe Es nicht erreicht hatte. Von nicht minder hohem Rang ist ihr Portrait von Donizettis Anna Bolena. Auch in dieser Oper findet sich eine faszinierende und komplexe Wahnsinnsszene.

So 13.04.2014 15:04 - 17:00: Romantische Liebes-Religion: Bellinis "La Sonnambula" (15)

Das Schwesterwerk von Norma war die zweite Oper, die der große Regisseur Luchino Visconti für Maria Callas an der Mailänder Scala inszenierte – und es war die zweite Oper, in der Maria Callas mit Leonard Bernstein zusammenarbeiten konnte, der sie als "größte Künstlerin der Welt" bezeichnete und ihr Jubel-Rondo im Finale der Oper mit wundervollen Verzierungen ausschmückte.

So 20.04.2014 15:04 - 17:00: Verdi und die Tradition des Belcanto: Gilda und Leonora (16)

"Gehen wir zurück in die Vergangenheit", riet Verdi, „und es wird ein Fortschritt sein“.  Nach dieser Maxime hat sich Maria Callas der Partie der Gilda in Rigoletto und der Leonora in Il Trovatore genähert – eine stilistische Revision. Gilda spielte in ihrem Bühnen- Repertoire eine nur periphere Rolle, aber von Rang ist die Aufnahme mit Tito Gobbi als Rigoletto. Zentral für ihr Repertoire ist die Leonora in Il Trovatore, die sie in einer fesselnden Einspielung unter Herbert von Karajan gesungen hat.

So 27.04.2014 15:04 - 17:00: Violetta oder: Würde geben einer Verschmähten (17)

Was Johann Wolfgang von Goethe in seinen "Maximen und Reflexionen" forderte, hat Giuseppe Verdi in seiner beliebtesten Oper vollbracht: in La Traviata. Sie ist zum Inbegriff der hochherzigen Sünderin und von tragischer Weiblichkeit geworden. Maria Callas hat die Rolle zwischen 1951 und 1958 in 63 Aufführungen verkörpert und ihre Darstellung immer stärker differenziert, wie die Mitschnitte unter Carlo Maria Giulini und Nicola Rescigno auf eindringliche Weise zeigen.

So 04.05.2014 15:04 - 17:00: Erhabenes Seelengemälde: Bellinis "Norma" (18)

Bellinis "sündige" Druiden-Priesterin war eine Schicksalspartie für Maria Callas. Sie werde von der Bühne abtreten, so hat sie erklärt, wenn sie die Norma nicht mehr singen könne. Zwischen 1948 und 1965 hat sie 89 Aufführungen bestritten. Die sängerisch wie darstellerisch anspruchsvolle Partie bezeichnete Richard Wagner als wunderbar durchgeführtes "Seelengemälde". Im Mittelpunkt der Sendung stehen die Studio-Aufnahmen unter Tullio Serafin und zwei Mitschnitte aus der Mailänder Scala mit ihren eindringlichsten Darstellungen der Rolle.

So 11.05.2014 15:04 - 17:00: Anna und Amelia (19)

Gaetano Donizettis Bolena war das achte Werk aus der Sphäre der romantischen Belcanto- und Primadonnen-Oper, das durch Maria Callas 1957 wiederentdeckt wurde. Ihre zwölf Aufführungen sorgten dafür, dass sich alsbald Elena Suliotis, Leila Gencer, Montserrat Caballé, Beverly Silly, Renata Scotto und Joan Sutherland für das wichtigste Werk des jungen Donizetti einsetzten. Zur gleichen Zeit erweiterte Maria Callas ihr Repertoire um eine zentrale Rolle von Giuseppe Verdi: Amelia in Un ballo in maschera – zunächst 1956 durch eine glänzende Studio-Aufnahme, die sie im Jahr darauf in einer Live-Aufführung übertraf.

So 18.05.2014 15:04 - 17:00: Donna di Forza II: Maria Callas als Leonora und Aida (20)

In den Werken, die Verdi nach seiner trilogia populare schrieb, verändern sich die Stimm-Charaktere. Die erste Leonora („Il Trovatore“) muss noch Verzierungen und Triller singen, die in „La Forza del Destino“ wird zur Donna di Forza, die lange Bögen mit dramatischem Impetus singen muss. Verdi hat die lyrischen Formen für den Sopran nicht abgeschafft, sondern ausgedehnt und erweitert, um die Intensität des dramatischen Ausdrucks zu erweitern. Maria Callas hat die Partie der Aida zu Beginn ihrer Karriere mit dramatischem Feuer gesungen. Als sie für die Aufnahme ins Studio ging, war ihre Stimme - so wie sie selber – schlanker geworden. Gleichwohl ist ihr ein fesselndes Portrait gelungen, insbesondere im Zusammenspiel mit Tito Gobbi.

So 25.05.2014 15:04 - 17:00: "Ich wollte die Welt zum Weinen bringen" – Mimì und Manon (21)

Bei Puccini seien ihre Talente vergeudet, wandten Kollegen und Kritiker ein, als Maria Callas Partien aufnahm, die sie nie auf der Bühne gesungen hat. Sie selber hat unverblümt gesagt, dass sie die Musik Puccinis "verabscheue".  Die Gründe sind nicht leicht zu finden: Lag es daran, dass die Musik ihrer Stimme nicht wirklich lag, oder daran, dass ihr das belcantisch-kunstvolle Singen wichtiger war? Der darstellerische Rang ihrer  Portraits aber ist  unumstritten.

So 01.06.2014 15:04 - 17:00: Der Affekt– und der Naturlaut: Cio Cio San, Turandot und veristische Musik (22)

Die  Musik von Puccini und der veristischen Komponisten hat Maria Callas schon früh aus ihrem Bühnenrepertoire verbannt, wohl aber auf der Klangbühne mit der ihr eigenen Intensität dargestellt, ihre Stimme dabei aber bis an ihre Grenzen gefordert. Neben den Szenen aus den Opern von Puccini ist auch Musik von Ruggiero Leoncavallo und Umberto Giordano zu hören.

So 08.06.2014 15:04 - 17:00: Wendepunkt: Der Skandal vom Rom (23)

Als Maria Callas am 2. Januar 1958 eine Aufführung von Norma in Rom wegen einer Indisposition abbrach, bewirkte dies einen der lautesten Skandale – und sicher auch den lächerlichsten Skandal – nach dem Zweiten Weltkrieg. Fortan hatte sie gegen Animositäten anzukämpfen, die in blanken Hass umschlugen. Es dauerte nicht mehr lange, bis sie zu einer Primadonna ohne Heimat geworden war.

So 15.06.2014 15:04 - 17:00: Das glanzvolle Desaster – Maria Callas an der Metropolitan Opera (24)

Neben der Mailänder Scala hat Maria Callas keine wirkliche künstlerische Heimat gefunden – insbesondere nicht an der Metropolitan Opera von New York. Ihre Debüt-Vorstellungen im Herbst brachten der erfolgsverwöhnten Diva nur Achtungserfolge, und anders als in Mailand, London und Paris wurde sie nicht in den Mittelpunkt neuer Produktionen gestellt. Es kam zu einem Zerwürfnis mit dem kaltherzigen Met-Manager Rudolf Bing, so dass der Plan einer Neuinszenierung von Macbeth scheiterte. Maria Callas wich aus und gab immer öfter Konzerte in luxuriöser Zirkusatmosphäre.

So 22.06.2014 15:04 - 17:00: Der Abstieg in den Ruhm (25)

Umworben von dem griechischen Reeder Aristoteles Onassis zog sich Maria Callas, auch wegen ihrer nachlassenden stimmlichen Energien, zunehmend  zurück. 1959 hat stand sie nur noch neun Mal auf der Bühne und einige Male auf dem Konzertpodium. Bei einer Aufführung von Lucia di Lammermoor in Dallas patzte sie bei einem hohen Es. Sie selber sagte: "Heute endet meine Karriere." In den ersten sieben Monaten des Jahres 1960 hat sie nicht gesungen. Sie kämpfte nicht länger um ihren Ruhm, sondern gegen das Gespenst der Berühmtheit.

So 29.06.2014 15:04 - 17:00: Ich habe euch alles gegeben – Die letzten Aufführungen (26)

Nach der Trennung von Onassis begann für Maria Callas ein neuer Kampf: der um ein Come back. Sie ging wieder ins Studio, um französische Arien und Georges Bizets Carmen aufzunehmen. In New York, London und Paris war sie in mehr als dreißig Aufführungen von Norma und Tosca zu erleben. Am 5. Juni 1965 trat sie von der Bühne ab – die "einzige Person, die rechtmäßig die Bühne betreten hat, um den Zuschauer unten erfrieren, leiden und zittern zu machen" (Ingeborg Bachmann).